Zwei Jahre Wolfhybriden in Thüringen - nix gekonnt und nix gelernt
Seit dem ersten Nachweis eines Wolfes auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf im Mai 2014 hat sich um die dortige Wölfin ein absurdes Theater entwickelt, das regelmäßig durch den hyperaktiven Vertreter eines Naturschutzverbandes angeheizt wurde. Das Tier hat das wohl nicht nur mediale Stalking nicht gestört. Nur wollte sich dort kein geeigneter Rudelpartner einfinden. So traf sich die paarungswillige Fähe in der Ranzzeit mit einem streunenden Hund aus der Nachbarschaft und es kam im Frühjahr 2017 zur zweiten nachgewiesenen Hybridisierung von Wölfen in Deutschland seit 2003.
Entsprechende Fotos kursierten bereits im Netz, als dieses Ereignis im Oktober 2017 offiziell vom dafür zuständigen Umweltministerium (TMUEN) bestätigt wurde. Man tat sich schwer mit dem Fehltritt des so herzlich willkommenen Tieres und ließ in der dann folgenden Handlungskette keinen Fehler aus, der auch nur irgendwie zu machen war. Für das erste Halbjahr ist die Chronik der Fehlentscheidungen hier nachzulesen.
Für den Umgang mit Hybriden sieht der Managementplan des Freistaates unter Punkt 5.5 vor: „Zweifelsfrei nachgewiesene Hybriden sind aus artenschutzfachlichen Gründen aus der Population zu entnehmen. Für die entsprechende Ausnahmegenehmigung ist die jeweilige UNB zuständig. Die Entnahme wird durch eine erfahrene Person vorgenommen.“
Wie diese Entnahme zu erfolgen hat, ob durch Einfangen oder Abschuss, lässt das Dokument offen. Dazu gibt das TMUEN in einer Medieninformation vom 12.10.17 die Empfehlung der DBBW wie folgt wieder (Auszug): „… Da der Aktionsradius der Tiere schnell wächst und sie bereits im Winter geschlechtsreif werden, d.h. eigene Reviere suchen, empfehlen die Experten eine möglichst schnelle Tötung. Ein Betäuben der Tiere und der Transport in ein Gehege ist aus Sicht der DBBW keine tierschutzgerechte Alternative. Erfahrungen aus Sachsen zeigen, dass die dort gefangenen Hybridwelpen sehr unter der Gehege-Haltung gelitten haben. Für die letale Entnahme der Wolf-Hybriden werden im nächsten Schritt die arten- und tierschutzrechtlichen Voraussetzungen geschaffen.“
Das wurde, wie in der bereits zitierten Chronik vermerkt, wie folgt umgesetzt:
„Umgehend wurde das Dokumentations- und Beratungszentrum des Bundes zum Thema Wolf um eine fachliche Empfehlung zum weiteren Vorgehen gebeten. Diese traf am 18.10.2017 ein. Sie enthielt als Empfehlung den Abschuss und die Anwendung von Lebendfangmethoden.“
Offenbar hatte man die klaren Aussagen der DBBW nicht nur sehr schnell vergessen, sondern auch, dass man diese bis heute nachlesbar veröffentlicht hatte. Der ausbleibende Erfolg der aufwändigen Fangaktionen ließ Tierschützer jubeln und Artenschützer ins Grübeln kommen. Was würde mit den heranwachsenden Hybriden geschehen, wenn diese geschlechtsreif abwandern, um anderswo Rudel zu gründen und ihre frischen Hundegene in den Wolfsbestand zu tragen.
Das Fortpflanzungs- und Rudelverhalten von Wolfshybriden der ersten Generation (F1) gilt in der Fachliteratur als schwer kalkulierbar (Leonard, 2015). Zwar räumt man ihnen geringere Chancen ein, sich in einem neuen Rudel fortzupflanzen, dass dies aber sehr wohl geschieht, ist u.a. aus der Quellpopulation der mitteleuropäischen Wölfe im Baltikum bekannt (Andersone, 2002; Hindrikson 2012) und lässt sich regelmäßig in Wolfsproben aus Deutschland nachweisen, wenn man denn seriös danach sucht.
Ein besonderes Problem mit der Hybridisierung haben Polen und Italien durch eine hohe Zahl an streunenden Hunden, die sich in freier Wildbahn vermehren und auch mit Wölfen verpaaren. Italien ist wegen dieser Zustände bereits vom Standing Committee der Berner Konvention gerügt worden - bisher ohne erkennbaren Erfolg. In Polen gab es nach offizieller Information im vergangenen Jahr 22 Abschussverfügungen für Wolfshybriden, über Durchführung und Erfolg herrscht Schweigen.
All dies scheint bis heute an den Verantwortlichen in Thüringen vorbeizugehen, Hauptsache, man tut der eigenen Klientel in Gestalt von Tierschützern und -rechtlern und einem dem Wolfshype verfallenen Naturschutzverband genüge, indem man den niedlichen Welpen doch bitte kein Härchen krümmt. Ein hier nicht namentlich zu nennender Vertreter des TMUEN erklärte Anfang 2018 auf die direkte Frage, warum man nicht zu praktikablen Maßnahmen in Gestalt von Abschüssen greife, man habe Angst vor Prozessen und dem shitstorm der Tierrechtler und Wolfsschützer.
Danke - das grüne Ministerium knickt vor der eigenen Klientel ein. Dass man damit mangelnden Respekt vor geltendem Recht und fehlendes Verständnis für den Schutz der Art Wolf bewies war um des lieben Friedens willen wohl egal.
Dieser Friede war nicht billig. Er kostete in der Aufzuchtzeit der Welpen im Sommer 2017 bei 11 anerkannten Rissereignissen rund um Ohrdruf 64 Schafen und zwei Kälbern das Leben. Über kolportierte 4 Welpen im Folgejahr, die nie bestätigt wurden, schweigt man geflissentlich. Das Rissbild 2018 zeigt einen vergleichbaren „Futterbedarf“: 28 Risse, 49 Schafe, 8 Kälber, 3 Fohlen. Es lässt für 2019 nichts Gutes erwarten für die Weidetierhalter der Region. Dabei spielt es hier keine Rolle mehr, ob und welcher Herdenschutz besteht. GW267f, so die offizielle Bezeichnung der Wolfsfähe, hat gelernt, wie man ohne Rüden mit Weidetieren seine Welpen bequem großzieht. Diese mehr als problematische Eigenschaft werden die Nachkommen zusammen mit ihren Hundegenen in ihre zukünftigen Territorien mitnehmen, wenn nicht …
die zuständige Ministerin endlich begreift, welcher artenschutzrechtliche Irrsinn unter ihrer Verantwortung in Thüringen betrieben wird, um die eigene Klientel ruhig zu stellen. Die konstant hohe Zahl an Nutztierrissen, die mangels Nachweis anderer Wölfe in der Region nur diesem Vorkommen zuzuschreiben ist, kann den betroffenen Weidetierhaltern, die einen entscheidenden Beitrag zu Erhalt der Landschaft und damit der Biodiversität beitragen, was man dem Wolf nur bedingt unterstellen kann, auf Dauer nicht zugemutet werden.
Wenigstens hat man die gezielte Falschmeldung des NABU Thüringen ob der Beteiligung von GW267f an maximal 4 Rissereignissen versucht zu korrigieren, ohne die Informationslage zum Thema konkrete Rissverursacher wirklich zu verbessern.
Bekommt man diese Situation dort nicht jetzt oder später anderswo in den Griff, kann es mit der berechtigten Forderung nach systematischer Ausrottung von Tieren ungeklärter genetischer Herkunft enden.
Artenschutz ist das nicht.